Was tun?
Trump? Sind wir alle!
Kürzlich stattete ich Elsa wieder einen Besuch in ihrer Waldhütte ab. Der Frühling schickte sich soeben an, den Winter auf die verdiente Heimreise zu schicken, und die Weltpolitik stand gehörig unter Strom. Donald Trump war seit einigen Wochen zum zweiten Mal Präsident der USA und übte sich zusammen mit Elon Musk ziemlich erfolgreich in der Demontage der amerikanischen Demokratie. Ich wollte von Elsa wissen, wie sie die Situation sieht. Mein Anliegen überraschte sie nicht. Mich hingegen überraschte, wie nüchtern und unaufgeregt sie die Lage in Amerika analysierte.
„Weißt du“, begann sie in ruhigem Ton, „die Dinge laufen nun so, wie sie wohl laufen müssen. Man kann das alles nur einigermaßen begreifen, wenn man es in einen größeren Zusammenhang stellt – in einen sehr großen Zusammenhang. Man muss da ganz weit zurück in der Menschheitsgeschichte. Dazu ist es hilfreich, Trump und Adam, den ersten Menschen, zusammenzudenken. Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich schräg, aber lass es mich erklären:
In der biblischen Schöpfungsgeschichte schuf Gott den Menschen aus Lehm und gab ihm den Auftrag: Mach dir die Erde untertan! Herrsche über die Tiere, Pflanzen und alles, was die Erde hervorbringt. Und damit du dich nicht allein fühlst, erschaffe ich dir eine Frau. Sie sei deine Gehilfin. So war der Mensch in der Vorstellung des biblischen Gottes gemeint. Und so entwickelte er sich auch. Schon der Sohn Adams wurde zum Mörder seines Bruders. Ausbeutung, Gewalt und Machtmissbrauch zogen sich durch alle Generationen des Menschengeschlechts bis in die heutige Zeit. Je fortschrittlicher die Menschen wurden, desto perfider wurden sie auch der Natur und den Mitmenschen gegenüber.
Weißt du, seit tausenden von Jahren haben wir dieses erbärmliche Narrativ des Menschen als Ausbeuter, sei es politisch, wirtschaftlich oder sozial. Dieses Narrativ hat alle Menschen geprägt und wirkt auch heute noch auf unser Verhalten. Was das mit Donald Trump zu tun hat? Nun ja, er ist in dieser Hinsicht der personifizierte Mensch, wie Gott ihn meinte – zumindest jener Gott, den die Bibel da beschreibt. Er ist eine Projektion Adams ins 21. Jahrhundert hinein. Und da muss man eines bedenken: Wir alle tragen den Adam in uns, der heute in Donald Trump erschreckend sichtbar wird. Wir tragen alle die Gene des Ausbeutens und des Aug-um-Auge-Zahn-um-Zahns in uns. Wir alle sind irgendwie Trump. Der Ursprung seines „America first!“ liegt im „Human first!“ des göttlichen Auftrags von damals. Trump ist für uns Heutige der Spiegel des gottgeschaffenen Menschen aus dem Buch Genesis. So schlimm und verwerflich sein Handeln auch ist, so wichtig ist es, dass wir uns in ihm erkennen: Ecce homo! Und darin liegt auch die große Chance, denn: Muss das so bleiben?
Retten werden uns weder neue Programme noch eine irgendwie erneuerte Politik. Retten kann uns nur ein neues, umfassendes Narrativ, eine neue Groß-Erzählung, die sich in unsre Gene einschreibt und die alte überschreibt. Das klingt sehr pathetisch, sicher. Aber eine Nummer kleiner geht’s in dieser Megakrise nicht. Man muss nur wissen: Von oben verordnen lässt sich ein solcher narrativer Paradigmenwechsel nicht. Er kann nur von unten kommen. Er muss wachsen. Und das braucht Zeit. Und Menschen, die ihn in sich und zwischen sich gedeihen lassen.Trump kann dafür eine große Gießkanne sein und eine große Schaufel guter Nährboden. Er wird letztlich dazu verhelfen können, dass das, was er zerstören will, einen gewaltigen Entwicklungsschub bekommt. Auch wenn er in seinem Zerstörungswahn vorerst Erfolg hat: Letztlich wird er der große Verlierer sein.
Große Worte, nicht wahr? Nun, sagen wir einmal: wichtige Worte. Das trifft es wohl besser. Worte, über die du nachdenken kannst. Ja, das wäre gut …“
Als
ich an diesem Tag von meinem Besuch bei Elsa nach Hause zurückgekehrt war,
dachte ich in der Tat lange über das nach, was sie mir gesagt hatte. Vor allem fragte
ich mich, wie ein solch neues Narrativ aussehen könnte und wovon es erzählen
würde. Mir kamen einige Gedanken und Überlegungen zu diesem Thema, sehr
komplexe, noch unausgegorene, aber wichtige – um es mit Elsa zu sagen.
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