Singe, wenn du ein Lied hast
An warmen Frühlingstagen lauschte Elsa immer wieder zu den jubilierenden Vögeln empor, deren Konzertsaal unser Wald war. Einmal sagte sie: „Vögel sind gefiederte Lieder, deshalb müssen sie singen. Ein Mensch muss kein Lied werden, aber wenn er eines in sich spürt, dann muss er es machen wie ein Vogel: singen!“
Ich singe, weil ich ein Lied hab (Konstantin Wecker)
Er
war Sänger, wie andere Bäcker
oder
Handelsvertreter sind.
Er
verkaufte sehr gut, denn er hielt sich
an
die Sonne, den Mond und den Wind.
Seine
Welt war so herrlich gerade,
seine
Hemden so weiß und so rein,
und
er sang sich, ganz ohne zu zögern,
in
die Seele des Volkes hinein.
Doch
ganz plötzlich befiel ihn das Singen,
wie
einen ein Fieber befällt,
so
als hätte sich irgendwas in ihm
gegen
ihn gestellt.
So
als hätte sich seine Stimme
über
ihn hergemacht
und
das stumme Gestammel des Sängers
plötzlich
zum Schweigen gebracht.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
nicht,
weil es euch gefällt.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
nicht,
weil ihr′s bei mir bestellt.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab.
Es
gab viele, die hatten bis dato
ihr
tägliches Brot an ihm,
und
sie sahen die Sangesmaschine
aus
ihren Fängen entfliehen.
Und
die Mädchen verließen den Sänger,
und
der Ruhm stieg dem nächsten ins Haupt,
und
es wurde ihm einfach alles,
was
früher für ihn war, geraubt.
Und
so trug man den Sänger zu Grabe,
und
ein neuer stieg lächelnd ins Land.
Er
verkaufte sehr gut, denn er hatte
sich
besser in der Hand.
Nur
von weitem und etwas verschwommen,
schon
zu leise, um noch zu bestehn,
sucht
ein Lied sein Recht zu bekommen,
denn
man kann es schon nicht mehr verstehn.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
nicht,
weil es euch gefällt.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
nicht,
weil ihr's bei mir bestellt
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
nicht
weil ihr mich dafür entlohnt.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab,
und
keiner, keiner, keiner wird von mir geschont.
Ich
singe, weil ich ein Lied hab.
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