Unsere Zukunft
Vision
Noch eines, ehe ihr geht: Es mag sein, die Welt verändert sich bald grundlegend. Schwere und dunkle Wolken hängen schon über der Landschaft. Die Vögel in den Wäldern singen leiser, bisweilen trauriger. Die Blumen tragen weniger Blüten und schenken euch nur noch wenige Samen. Die Lüfte werden hitziger, ebenso euer Gemüt. Und immer mehr Seelen sind verwirrt, wissen nicht mehr, was sie noch glauben sollen und trauen niemandem mehr. Die Welt wandelt sich in einen bedrohlichen Wirbel, der sich immer schneller dreht. Ihr wisst, wovon ich spreche. Das alles macht Angst.
Ich möchte euch einen Rat geben: Hütet euch vor den Waldteufeln von heute. Das sind jene geifernden Geschichtenerzähler, die nun wie eine Horde apokalyptischer Reiter über die Lande jagen und in jeden Winkel eurer Häuser und Seelen eindringen. Ihre Geschichten sind auf dem Webstuhl der Lüge und des Hasses gefertigt worden. Sie wollen euch weismachen, dass nicht das Herz, sondern die Ellbogen die wichtigsten Werkzeuge im Leben sind. Habsucht und Hochmut halten sie hoch. Gute Menschen jedoch sind für sie schwache Menschen, über die sie hämisch lachen können. Damit wollen sie euch verwirren und einen Keil treiben in eure Seelen, Familien und Gemeinschaften. Schon haben sie ihr Gift über die ganze Welt verteilt. Und wir alle müssen mit Schrecken erkennen: Es beginnt zu wirken.
Viele von euch sind erschüttert, manche verlieren ihre letzte Orientierung. Ist das Ende nahe? Geht jetzt alles unter? Nochmals: Folgt nicht den Geschichtenerzählern der Finsternis. Geht nicht mit ihnen mit, lasst euch nicht anstecken. Sonst droht ihr selbst in den zerstörerischen Strudel hineingezogen zu werden. Es scheint, jene haben nun die Zügel fest in der Hand und lenken unsere großartige, wunderschöne und einzigartige Erde dem Abgrund zu.
Auch wenn es nicht so aussieht: Sie wird nicht fallen. Wenn die bösen Geister sie an die Klippe getrieben haben, werden ihr Flügel wachsen. Sie wird sich in die Lüfte erheben und die Wolken werden ihr eine neue Heimat bauen. Die Teuflischen in ihrer Raserei aber werden im Feuerstrudel, den sie heraufbeschworen haben, untergehen. Oder sie fliehen zum Mond oder zum Mars, im Wahn, dort, wo nichts blüht, nichts grünt, nichts singt, nichts duftet und nichts liebt, eine bessere Welt erschaffen zu können. Lasst sie ziehen und wartet geduldig, bis die Samen der letzten Blumen zu keimen beginnen und die letzte Amsel ihr Morgenlied beginnt. Sie werden nicht lange alleine bleiben. Nicht die Blume, nicht der Vogel und nicht ihr.
Wieder solch eine fantastische Geschichte, werdet ihr sagen. Ja, warum nicht. Aber bedenkt: Sie hat noch gar nicht richtig begonnen. Wenn der Erde einmal Flügel wachsen sollen, dann müsst ihr heute, hier und jetzt damit beginnen, „Flügelsamen“ in die Welt zu säen. Warum streut denn das Böse Lügengeschichten über das Land? Das Böse weiß, dass in Geschichten die Macht liegt, Wirklichkeiten zu erschaffen. Wenn ihr das auch wisst, dann wird euch klar, was nun zu tun ist.
Es ist nicht die Zeit für Resignation. Schafft euch Räume, die immun sind gegen ihr Gift. Setzt euch zusammen und erzählt einander viele kleine, aber gute Geschichten. Immer wieder und immer wieder neu. Nutzt dazu eine Fähigkeit, die nur ihr habt, und die euch keine Maschine stehlen kann: die humanitäre Intelligenz. Arbeitet an einer neuen, großen Erzählung für eine gute Zeit danach. Vielleicht bei einem Glas Butzenwein und einem Stück Birnenweck.
Und wenn ihr dabei ein leises Plätschern im Raum vernehmt, dann wisst ihr woher es kommt und wer unsichtbar mit euch am Tische sitzt.
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